Die wahre Kunst
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div. Materialien auf Leinwand 100 x 80 cm, elektrifiziert
Die wahre Kunst
Ein wahrer Künstler wird Artist genannt,
weil auf des Geistes Hochseil er in blauen Lüften
von einer Wirklichkeit in eine andere wechselt.
Er wagt den Akt der Sammlung und Balance
für jenes Ziel, die Sinnenwelt zu sprengen,
durch geistige Erfahrung, geistiges Leben,
durch neue Sicht der stumpfen, alten Dinge.
Es droht der Abgrund allen Himmelsstürmern,
doch zieht nach oben unsichtbare Macht,
und an der Brücke in die neuen Welten
wird lange schon gebaut und 'rumgebastelt.
Gar mancher hat sich schon versucht
mit Pinsel, Farbe und mit Brett und Nagel
oder Stein und Meißel und einem Hammer,
nur aus nacktem Willen.
Verdungen war das Wort und auch der Ton
an diesen hohen, tiefen Sinn des Lebens,
den Geist zu schwingen in die höchste Höhe
und diese Erde doch nicht zu verlassen:
Den Geist ersehnend, stürzten sie ins Dunkel
der Willkür und verloren sich,
wenn's gut ging, in der Phantasie.
Stets war der Genius vonnöten und die Musen,
die schützend hinter- oder vorhergingen,
die in den Irrtum führten, doch auch wieder 'raus,
so dass man lernte, Fuß vor Fuß zu setzen,
denn stolpern durfte keiner auf dem Seil hier oben.
Es bringen die Artisten alles, was sie haben,
hinüber auf die unbekannte Seite
und kriegen dort das Doppelte zurück.
So wächst der Mensch in seinem ganzen Wesen,
wenn er sein Wachstum ganzer Art gewidmet.
Dann kommt er drüben an und kehrt auch wieder,
beladen mit Geschenken, neuen Werten,
die, in das Wort, den Ton, das Bild getragen,
die Welt verändern,
doch den Geist von jenen nicht bereichern,
die auf dem 'festen Boden' stehn und gaffen,
mit Photoapparaten in der Hand, am Auge,
das Abbild jener Taten zwar in Bilder fassen,
doch nur, um neuen Abstand zu erzeugen,
nicht Nähe der Erfahrung, der man folgen könnte.
Die Tat des Geistes ist des Geistes Tat.
Sie braucht nicht unbeteiligte Betrachter
und auch das Lob nicht, nicht den Ruhm von unten.
Sie weiß sich sicher in den eigenen Händen
und blickt auf Epigonen traurig nur,
von denen es auf dem Planeten wimmelt.
"Wo sind die Brückenbauer", ruft die Tat,
"die das Unmögliche ins Auge fassen?"
Doch großes Schweigen herrschet in den Künsten.
Der Brei ist hunderttausendfach gekaut.
Man spürt ihn nicht einmal beim Runterschlucken.
Klar gab es da die großen Gipfelstürmer!
Auf Bergen sitzt man immer klassisch sicher
und ist von dort nicht leicht hinabzustürzen.
Doch der Balanceakt, der geistige, wo ist er!?
Und wann kommt irgendeiner drüben an?
Er melde sich beim Geist, denn der braucht Helfer.
Die große Hängebrücke hat erst ein, zwei Seile.
Für den Transport von größeren Mengen Gütern
ist sie noch unbrauchbar, zu schwach und nicht gespannt.
Und die da unten? - Diese Nackenleger?
Die schließen bei dem Ruf die Augenlider,
denn aus der Ferne schaut man lieber zu,
aus intellektuellem Abstand sozusagen.
Es langt der Theorie, auf Seiles Schatten
pro forma und formal herumzutanzen,
das Wissen nur gedacht, doch nicht erfahren.
Dann ruft sie laut: "Seht, was ich kann!
Bereichert denn die Einsicht nicht die Welt?"
Und sie hat Recht, denn alle jene,
die nicht zum Hochseilakt herbeigekommen,
doch von ihm hörten, werden sicher staunen
und auch manch falsches Abbild gut und gern bezahlen.
Dem wahren Künstler aber und Artisten
geht es um mehr als Leben oder Tod:
Er legt des Geistes Sein und Nichtsein auf die Waage.
Er kennt das Bodenturnen der Ästhetik nicht.
Der Inhalt prägt die Form, nicht umgekehrt.
Wer anders denkt, der irrt und zwar gewaltig.
Man sieht es an der Schwäche jener Schattenkunst.
Nur wer das Ganze wagt, kann es gewinnen!
Es droht das Niegewesensein, die Illusion
der Oberfläche sowieso und unaufhörlich.
Was kann er denn verlieren, der Artist,
der heute wagt, was morgen sicher kommt?
Gelingt ihm aber gar der Bau der Brücke,
dann ist er Herrscher über viele Welten
und diese kleine, hiesige dazu!
Er kann die Affen blasen lassen, was er will.
Und auch die Puppen tanzen ganz nach seinem Willen.
Zum Leuchtkopf wird er und zum Sohn des Himmels,
der in der Hölle göttlich Fuß gefasst!
Er avanciert zum mächtigsten der Wesen,
und er bestimmt, wohin die Reise geht!
Für dieses Ziel ist ihm kein Preis zu hoch!
Und falls er stürzt? Ein Engel wird ihn halten.