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Marias Kulturtasche

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BĀLAVAT liest

Marias Kulturtasche
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Marias Kulturtasche

div. Materialien auf Leinwand 120 x 160 cm

Marias Kulturtasche

"Aber Jesus! - Du räumst ja meine ganze Kulturtasche aus!", rief Maria zärtlich und dennoch erschreckt, als der unbefleckt Empfangene so, als wolle er nicht nur dem Inhalt ihrer Tasche auf den Grund gehen, sondern dabei auch gleich die Abgründe ihres Herzens erforschen, ihre Kulturtasche auspackte und den Inhalt nach eingehender Begutachtung am Strand verstreute.
"Mutter", sprach er, "ich suche nach der Ursache der Kultur." - Und nach einer Weile: "Es muss eine geben! Nicht umsonst ist die Kultur so alt wie das Menschengeschlecht. In ihr verborgen, das ahne ich, liegt der Grund allen Daseins auf dieser Welt und der Antrieb für jegliches Tun."
"Es ist, wie Du sagst", antwortete Maria lächelnd. "Der Herr selbst verriet es mir beim Akt der unbefleckten Empfängnis.
Soll ich Dir sagen, wie und warum Du entstanden bist?", fragte sie das Jesuskind.
"Oh ja, Mutter, ich brenne darauf, es zu wissen!", rief Jesus.
Und Maria hub an zu sprechen:
"Alle Wesen der Erde, so muss Du wissen, haben eine evolutionäre Vergangenheit, in der ihr Handeln entweder auf das Einswerden mit allen Gestaltungen oder gegen dieses gerichtet war. Da aber das niedere Naturgesetz ausschließlich und unvermeidbar das Einssein aller Wesen und Dinge durch die der Evolution vorauslaufende Involution vergessen hatte, ja vergessen musste, damit sich die Verschiedenheit im Einssein bilden konnte, gibt es in dieser physischen und vitalen Wirklichkeit das Dschungelgesetz, das nach dem Gesetz eines trennenden und unendlich differenzierenden Bewusstseins lebt:
Jeder gegen jeden, höchstes moralisches Maß die Symbiose, die Nahrungskettenwelt, in sich stimmig und harmonisch und dennoch belegt mit einem so niederen Wirklichkeitsgrad, dass man diese in Erscheinung getretene Welt mit all ihren Geschöpfen durchaus eine Unwirklichkeit nennen kann, welche aber wirklich vorhanden ist", sprach Maria.
"Und in diese Welt wollt ihr mich schicken?", rief das Jesuskind entsetzt.
"Nun ja", sagte Maria. "Ich hatte da auch so meine Bedenken; aber der Herr,
Gottvater, sagte, es müsse sein. Du sollst eine Art Evolutionshilfe leisten am schwierigen Punkte der Umkehr des analytischen Denkens in ein synthetisierendes. Und vor allem sollst Du das weniger intellektuell tun, als durch Deine aus dem Herzen kommenden Taten der Liebe und der Versöhnung der Gegensätze. Für das wirkliche, tiefe Wissen sind nur wenige reif und auch nicht zu der damit verbundenen radikalen Umkehr des Denkens bereit. Um die Gesamtheit der Menschen dazu zu bringen, bedarf es noch der Beweisführung, dass ihr Irrweg in die Apokalypse führt. Das aber wird in ca. 2000 Jahren nach Deiner Kreuzigung sein."
"Ich werde gekreuzigt?", rief Jesus erschreckt. "Warum? - Warum? - Hat der Vater es vorgesehen?"
"Das liegt in der Natur der Sache", antwortete Maria. "Liebe ist widernatürlich! Und der Gedanke des Einsseins mit allem, sogar allen Gegensätzen, lässt - obwohl das Herz und die Seele es wollen - den Denkenden, der das Einssein für unmöglich hält und das Ordnen von Teilen gewöhnt ist, dahinter das Chaos und die Anarchie vermuten, die er nicht will, und er kann nur mit der Kreuzigung der Liebe antworten." "Nun gut", sagte Jesus, "ich werde mich dem Willen meiner Ursache beugen, aber wie bin ich entstanden, und warum hast Du mich unbefleckt empfangen?"
Maria sah ihn lächelnd an und sagte: "Erschrick nicht, Jesus, wenn Du hörst, was ich sage:
Du bist nur gedacht vom Vater! Das Fleisch, das Blut, das ganze körperliche Vehikel sind Dir nur vorübergehend auferlegt.
Du selbst bist rein, frei, unsterblich und hast keine evolutionäre Vergangenheit. Du bist der Mensch, wie er einmal werden soll, seine evolutionäre Erfüllung im Wesen: wissend, identisch mit allen Gestaltungen, liebender Herrscher über die Naturgesetze, ein leuchtendes Beispiel, so sehr leuchtend und Seligkeit und Macht verströmend, dass die dem menschlichen Wesen innewohnende Psyche nicht anders kann, als Dich nachzuahmen und durch die Nachahmung, wenn sie dauert, in eine neue und größere Wirklichkeit zu wachsen", antwortete Maria.
"So wird mein Dasein dem Menschen Mut machen, sich von seiner evolutionären Vergangenheit zu befreien?", fragte Jesus.
"Ja", sagte Maria.
"Na denn", sagte Jesus und kramte weiter in Marias Kulturtasche, und nach einer Weile und nach einem tiefen Atemzuge sagte er: "Jetzt erkenne ich den Wert der Kultur(tasche). Sie bietet die Möglichkeit, Entscheidungen für oder gegen das Ganze zu treffen! Sanktion und Nichtsanktion, das sind die Mittel."
"Gut", sagte Maria. "Aber jetzt sammelst Du alles wieder ein und bringst es dorthin, wo es war."
Doch Jesus verweigerte ihren Befehl.

BĀLAVAT

 
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